Die Erzählungen in Versen ‘Aus dem Logbuch’
Reisen ins Sein auf den Wassern des ‘Circle of Life’ – Rosemarie Zens‘ Gedichtzyklus ‘Aus dem Logbuch’ versinnlicht uns die Urwelten eines lebensbildlichen Ichs durch die Kontinente: Aufbruch in Bremerhaven, ‘was hätten wir alles bewegen können .. vom Meeresgebirge beat and rhythm in blue’ – bis gen Süden nach Zürich als ‘fast Kinder noch.. schlußendlich .. ein Heidenspaß’, weiter nach Venedig ‘in die Arme des florentischen Windes’, nach Rom, dann bis Übersee zu den Engeln von Los Angeles, dort die Farben und Gerüche der Westküste einatmend weiter nach Osten, bis ‘das Schwanken der Häuser’ in New York allmählich ‘geerdet’ wird, schließlich der Gang ‘durch das Palmentor zwischen Ost und West .. aus dem Gedächtnis der Völker: Jeru-shalom’ zu den Göttern in Kairo, Istanbul, Tunis, in St. Petersburg ‘übermalt’, dort wo ‘aus Lösungen ein Rätsel’ gemacht werden kann.
In der Begegnung mit der Entstehungsgeschichte der mythischen Sprachbilder werden diese nicht symbolisch-allegorisch ‘behandelt’, vielmehr neu assoziiert, mit Impressionen aufgeladen, verbunden mit Erfahrungen unbedingter Gegenwart, eigenwillig angeeignet von einem Ich, das sich einen eigenen Mythos schafft und Raum läßt für Schwingungen, Atmosphäre und Rhythmus in einer Weise, die einlädt zu neuen Erfahrungen.
So sammelt Rosemarie Zens die Reisewasser ihres Lebens im poetischen Samowar, wo sie eins werden in Metaphern des Sinnlichen und Spirituellen von Völkern und Individuum – eine Archäologie der Augenblicke, die uns uns selbst begegnen macht:
Ich bin ‘Horus’, ‘ Madonna’ und ‘streetsmart’, ich bin die phönizischen Prinzessin Elissa, ‘Selbstmörderin aus Treue und Trauer’, ich bin die immer ‘gleich gierig’ den Kiesel ‘waschende Welle’, ich bin der im römischen Ristorante angekettete Papagei ‘Steine nichts als Steine, kreischt er’, ich bin ‘der mit Rot übermalte Blutfleck’ in der Erlöserkirche in St. Petersburg. Ich bin die ‘Caramelwolke’ in Los Angeles und die ‘Luftgeister auf dem Joystick’ ebenso wie die vielleicht wiederkehrenden ‘Pelikane auf Alcatraz’, der ‘Wüstenwind’, das ‘Kanu in Türkis’, das ‘Adagio affetuoso ..zwischen den Wassern von Ellis Island’, die ‘Lichterschlacht’ bis Little Italy, das ‘dunkler werdende Rechteck des Himmels’, das Gebelle des ägyptischen Totengottes Anubis, das mir ‘doch keine Ruhe’ läßt ‘beim Einschlafen nach dem Gebet’.
‘ Mehrfach übermalt’ sehen wir uns im Bild des Schmerzes, nur offiziell als glückliche Menschen geltend, wie der Mann in St. Petersburg und uns erinnernd: ‘Wir alle wollen ins Paradies unverzüglich mit Trommeln, Glocken und Gewehren’.
Die poetische Kraft der Erzählgedichte ‘Aus dem Logbuch’ will der Freiheit eines Geistes entsprechen, der sich allen Sinnen mitzuteilen weiß.
Dr. Paula C. Georges, Mai 1999